Gesetz zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge 2013/2014
Stellungnahme des VBE NRW zum Gesetz sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften in NRW
Vorbemerkung:
Es ist nach unserer Auffassung unseriös, einen so weit gefassten und juristisch anspruchsvollen
Katalog mit der Maßgabe zu versenden, diesen innerhalb weniger Tage
zu bewerten. Es könnte sich der Eindruck aufdrängen, dass man auf diese Weise eine
dezidierte Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex verhindern will.
Anmerkungen zum Fragenkatalog:
1.) Die vorgesehene Sozialstaffelung ist aus unserer Sicht verfassungsrechtlich bedenklich.
Soziale Aspekte sind insbesondere bei Berufseinsteigern, Frühpensionierten und deren Hinterbliebenen nicht zu erkennen. Es ist weiterhin zu bedenken, dass z.B. eine Besoldung nach A13 sowohl im gehobenen, als auch im höheren Dienst möglich ist. Hierdurch werden Beamte, die erst durch die Übernahme einer Funktionsstelle A13 erlangt haben, zusätzlich benachteiligt, da der bereits jetzt schon bestehende nur geringe Besoldungsvorsprung gegenüber
den Beamtinnen und Beamten im Eingangsamt noch weiter abgeschmolzen wird.
Dies wird u. a. im Grundschulbereich dazu führen, dass es noch schwieriger werden wird, freiwerdende Schulleitungsstellen zu besetzen.
2.) Verfassungsrechtlich ist eine mögliche Abweichung für Kommunalbeamte bedenklich.
Zudem verhindern sie jegliche Transparenz zwischen Bund, Land und Kommune. Zugleich geben die Kommunen jedoch ein öffentliches Signal, dass sie bereit sind, die Arbeit ihrer Beamtinnen und Beamten, im Gegensatz zur
Landesregierung, wertzuschätzen und dies trotz angespannter Haushalte.
3.) Das Abstandsgebot A10-A11 und A12-A13 wird nicht eingehalten (siehe dazu die Ausführungen zu Frage 1).
4.) Es ist interessant, dass auf die letzten fünf Jahre und nicht auf die letzten zwölf Jahre verwiesen wird. Die Rentenerhöhungen der letzten fünf Jahre waren prozentual nicht hoch. Jedoch sind die Pensionen prozentual seit 2001 ebenfalls nur gering angestiegen. Der Hinweis auf die 71,75 % führt dabei in die Irre. Man müsste die tatsächlichen Besoldungserhöhungen bei den Beamtinnen und Beamten ab 2001 mit den Gehaltserhöhungen in der freien Wirtschaft vergleichen und davon das Pensionsniveau (unter Berücksichtigung des dort stärker gekürzten Weihnachtsgeldes) herleiten. Die Besoldungserhöhungen seit 2001 im Beamtenbereich betrugen in keinem Jahr mehr als 3%.
5.) Die vom Verfassungsgericht vorgeschriebenen Familienzuschläge haben einen großen Stellenwert für die Bewertung einer amtsangemessenen Bezahlung von verheirateten Beamtinnen und Beamten. Das bedeutet aber doch nicht, dass diese und auch die ledigen, geschiedenen und verwitweten Beamtinnen und Beamten in Mithaftung genommen werden. Eine Verschlechterung in diesen Punkten dürfte aus unserer Sicht ein weiterer Baustein im Fragenkomplex für das BverfG zur Prüfung der amtsangemessenen Alimentation sein. Weitere Bereiche, die im Hinblick auf eine amtsangemessene Alimentation durch das BverfG überprüft werden müssen, sind die Kürzung von Versorgung, Beihilfe, Sonderzahlung und die Beibehaltung der Kostendämpfungspauschale.
6.) Die Unkündbarkeit hat einen hohen Stellenwert. Die kann und darf aber nicht bei jeder Besoldungserhöhung ins Feld geführt werden. Für diese Unkündbarkeit haben die Beamtinnen und Beamten in den letzten Jahren oft schon Verschlechterungen bei der Anpassung ihrer Bezüge erleiden müssen. Das Beamtenverhältnis besteht dem Grunde nach lebenslang. Die Beamten verzichten im Gegenzug auf bestimmte Rechte des Arbeitskampfes. Der Beamtenstatus von Lehrkräften ist für uns auch mit Blick auf die Erfüllung hoheitsrechtlicher Aufgaben unverzichtbar. Auch vor diesem Hintergrund darf der Lehrerbereich durch das jetzt geplante Verfahren zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge nicht weiter belastet bzw. von der allgemeinen Einkommensentwicklung in der Privatwirtschaft abgekoppelt werden.
7.) Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes hat in den letzten Jahren bereits sehr abgenommen. Niedrige Eingruppierungen im Eingangsamt, geringe Aufstiegschancen sowie eine kontinuierliche Verschlechterung bei der Besoldung haben im Lehrerbereich verstärkt zu Abwanderungen in andere Bundesländer geführt.
Die vorgesehene Nichtübertragung auf die Beamten wird dazu führen, dass sich diese Tendenz insbesondere in Mangelfächern deutlich verschärfen wird.
8.) Hier ist auch auf die Ausführungen zu Frage Nr. 2 zu verweisen. Der öffentliche Dienst ist auf Dauer nur attraktiv und handlungsfähig, wenn eine flächendeckende, verlässliche und an einheitlichen Standards messbare Besoldung geleistet wird. Im Tarifbereich haben die Abweichungen von dem Grundsatz des Flächentarifvertrags bereits zu Unsicherheiten, Klageverfahren und fehlender Transparenz geführt. Im Beamtenbereich müssen daher weiter gehende Öffnungen nach unten vermieden werden. Vielmehr erscheint es sinnvoller, die bestehenden föderalen Strukturen wieder abzubauen, um mehr Vergleichbarkeit und Gerechtigkeit auch bei der Besoldung zu gewährleisten.
Anmerkung zu den Vorschriften:
Artikel 1: § 2: Die Erhöhung der Bezüge in den Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 wird begrüßt.
Die Erhöhung der Bezüge in den Besoldungsgruppen A 11 und A 12 um lediglich 1 % je Jahr wird abgelehnt. Gefordert wird eine Erhöhung wie in den Besoldungsgruppen A 2 bis A 10.
Die ausgesetzte Erhöhung der Bezüge in den Besoldungsgruppen ab A 13 wird ebenfalls abgelehnt. Auch hier wird eine Erhöhung wie in den Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 gefordert.
Begründung:
Im Rahmen von Tarifverhandlungen – und nur dort – haben die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die Möglichkeit, soziale Komponenten mit einzubringen. In den letzten Jahren haben sie dies nachweislich nicht getan und sind nur widerwillig und in eingeschränktem Maße den Vorschlägen der Gewerkschaften gefolgt. Zuletzt gab es einen Zusatzbetrag von 17 € als „aufgesattelter Sockelbetrag“ im Jahr 2011.
Jetzt plant das Land nur für die Beamtinnen und Beamten, die Pensionärinnen und Pensionäre sowie deren Hinterbliebenen eine angebliche “Sozialkomponente“ – mit allerdings negativem Charakter. Dies ist aus unserer Sicht nicht zulässig.
Der Staat kann eine soziale Staffelung lediglich durch die Steuergesetzgebung beeinflussen, nicht jedoch durch die (ausbleibende oder verminderte) Erhöhung bei der Gehaltszahlung. Damit werden im Gießkannenprinzip alle gleichermaßen getroffen, die Beamtinnen und Beamten in der Besoldungsstufe B 11 genauso wie die Witwe eines früh verstorbenen Studienrates (A 13 höherer Dienst) und deren Kinder (Halbwaisen) oder Schulleiters einer Grundschule (A 13 gehobener Dienst). Genau diese Unterschiede können im Rahmen der Steuergesetzgebung berücksichtigt werden, nicht aber bei der geplanten (ausbleibenden oder verminderten) Erhöhung der Besoldung.
Es kann auch nicht mehr von einer amtsangemessenen Alimentation in Bezug auf die Steigerung der Lebenshaltungskosten gesprochen werden, wenn die reduzierten Bezüge gleichzeitig mit reduzierten Versorgungsansprüchen zusammenfallen. Diese Situation verschärft sich dramatisch durch ohnehin schon gekürzte Witwen- bzw. Witwerbezüge.
Wir halten dieses Vorgehen daher für rechtswidrig wegen diverser Verstöße gegen den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation.
Die Erhöhung des Familienzuschlags, der Amtszulagen und der Beträge nach § 4 der
Mehrarbeitsvergütung wird begrüßt.
§ 3: siehe Anmerkungen zu Artikel 1 § 2
Artikel 2: Die Erhöhung der Zulage auf 150,00 Euro und ihre Dynamisierung waren überfällig, sind aber nicht ausreichend. Es ist nicht einzusehen, dass sie entsprechend der linearen Besoldungsanpassungen nicht auf 173,00 Euro, sondern nur auf 150,00 Euro, angehoben wird.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Fachleiterinnen und Fachleiter des gehobenen Dienstes jahrzehntelang (seit etwa 1976 – bis dahin waren sie Konrektorinnen bzw. Konrektoren) keine Erhöhung der Zulage erhalten haben, sollte zumindest eine rückwirkende Erhöhung ab dem 1. Januar 2013 gewährleistet werden.
Darüber hinaus muss die Zulage pensionswirksam sein, auch und gerade wenn die Fachleiterin oder der Fachleiter kurz vor ihrer bzw. seiner Pensionierung die Tätigkeit für die Lehrerausbildung aufgibt oder aufgeben muss.
Die Zulage entspricht etwa der Konrektorenzulage bei A12 Fn7. Aufgrund einer zunehmenden Aufgabenverdichtung gerade in kleinen Systemen wäre auch hier eine Erhöhung dringend angezeigt.
Grundsätzlich sehen wir für die Fachleiterinnen und den Fachleiter des gehobenen Dienstes die Ausweisung eines Beförderungsamtes analog zu denen des höheren Dienstes als geboten an.
14.06.13
Udo Beckmann
Landesvorsitzender VBE NRW
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