10 notwendige Schlussfolgerungen
Seit März 2020 ist in den Schulen in NRW kaum noch etwas so wie es vor der Corona-Pandemie war. Die Kolleginnen und Kollegen in den Schulen befinden sich in einer ständig fortdauernden Kraftanstrengung, den Unterrichtsalltag für die Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu gestalten.
Seit Monaten befinden sich die Schulen in einem Ausnahmezustand. Fast täglich wechselnde Vorgaben und Herausforderungen verlangen eine ständige Flexibilität, die regelmäßige Mehrarbeit, Kraftanstrengungen und ein gehöriges Maß an Kreativität und Eigenverantwortung von den Beschäftigten verlangt, die der Dynamik der pandemischen Situation auf der einen Seite aber auch der teils unklaren und verspäteten Kommunikation seitens der Landesregierung geschuldet ist.
Die Kolleginnen und Kollegen gehen jeden Tag mit gemischten Gefühlen und Sorgen in die Schule. Welche politische Entscheidung wird heute getroffen? Wie hat sich das Infektionsgeschehen vor Ort entwickelt? Ist eine Schülerin oder ein Schüler, eine Kollegin oder ein Kollege betroffen? Können wir den Schultag gut bewältigen?
Hinzu kommt, dass sich die Kolleginnen und Kollegen täglich in der schwierigen Situation befinden, ihren Beruf und damit ihre große gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und die Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten und gleichzeitig die Sorge um ihren eigenen Gesundheitsschutz und damit auch den Gesundheitsschutz ihrer eigenen Familien auszuhalten.
Damit gestalten die Kolleginnen und Kollegen gerade die Quadratur des Kreises aus Bildung, verlässlicher Betreuung und Infektionsschutz. Schwierige Monate unter den Bedingungen der Corona-Pandemie liegen nun noch vor ihnen. Sie sind gefordert, konzeptionell zu überlegen, wie Schule gelingen kann.
Diese Arbeit verdient Respekt und Anerkennung und natürlich Wertschätzung.
Wertschätzung bedeutet für den VBE:
- Die Kommunikation des Ministeriums für Schule und Bildung mit den Verbänden als Vertretung der Praxis und den Schulen muss frühzeitig und transparent erfolgen.
- Der Präsenzunterricht an den Schulen sollte aufrechterhalten werden, wenn der Gesundheitsschutz vor Ort gewährleistet werden kann. Dazu gehören unter anderem die Weiterführung der anlasslosen Testungen und eine abgestimmte Teststrategie bei Verdachtsfällen. Ebenso ist die Einführung eines schuleigenen Corona-Budgets erforderlich, z. B. für die Anschaffung von zusätzlichen Hilfs- und Schutzmitteln.
- Die Schulen müssen geschlossen werden oder in den Wechselunterricht von Präsenz- und Distanzlernen gehen, wenn die Gesundheit aller vor Ort Beteiligten akut gefährdet ist. Oberste Priorität muss die Gewährleistung des Gesundheitsschutzes aller sein.
- Es bedarf nachvollziehbarer und einheitlicher Quarantäneregeln durch die Gesundheitsämter. Dazu gehören standortspezifische Regelungen bezüglich der Unterrichtsorganisation im Falle einer starken pandemischen Entwicklung und feste und schnell erreichbare Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Schulen in jedem Gesundheitsamt.
- Eine unkomplizierte Versorgung mit einer ausreichenden Zahl an Alltags- und FFP2-Masken muss gewährleistet sein. Ebenso werden eindeutige rechtliche Rahmenbedingungen und transparente, nachvollziehbare Vorgaben bzgl. der Maskenpflicht benötigt, die Bestand haben.
- Die Schulgebäude müssen möglichst schnell zukunftsfest gemacht werden. Dazu gehören auch gezielte Überlegungen bezüglich der Anschaffung und des Einsatzes von Luftfilteranlagen, Lüftungen und CO2-Ampeln.
- Für einen professionell durchgeführten Präsenz- und Distanzunterricht brauchen Schulen eine gute digitale Ausstattung. Schülerinnen und Schüler sowie die Kolleginnen und Kollegen benötigen qualitativ hochwertige digitale Endgeräte, die notwendige Software und die digitale Anbindung aller Schulen. Folgekosten für Material, Wartung und Support müssen durchgehend mitgedacht werden.
- Den Schülerinnen und Schülern dürfen bei ihren jeweiligen Schulabschlüssen keine Nachteile entstehen. Das gilt sowohl für den Hauptschulabschluss, die Fachoberschulreife, das Abitur sowie weitere Abschlüsse und Qualifikationen. Hier muss das Ministerium für Schule und Bildung transparent und klar vermitteln, dass ein Schulabschluss mehr bedeutet als die Abschlussprüfungen. Schülerinnen und Schüler haben ihre Kompetenzen und ihr Wissen in den verschiedenen Fächern über ihre gesamte schulische Biographie erworben. Von wesentlicher Bedeutung für die Abschlussschülerinnen und Abschlussschüler dieses Schuljahres ist es, dass unabhängig von der jeweiligen Pandemielage alle Abschlüsse bundesweit die jeweilige Anerkennung erhalten.
- Im Zentrum der Arbeit in den Schulen muss der Faktor ZEIT stehen. Schülerinnen und Schüler benötigen mehr denn je Erwachsene, die ihnen Aufmerksamkeit und Zugewandtheit entgegenbringen, die ihre Sorgen und Nöte ernst nehmen und die sie durch diese herausfordernden Monate der Corona-Pandemie begleiten. Demzufolge ist es in den kommenden Monaten absolut notwendig, Aufgaben und Arbeitsbereiche von den Schulen fernzuhalten, die nicht unabdingbar sofort erledigt werden müssen. Dazu gehören zeitaufwendige Abfragen oder die Durchführung von Qualitätsanalysen und Vergleichsarbeiten. Die Schulen benötigen hier ein schnelles eindeutiges Signal.
- Die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in den Schulen hat einen außergewöhnlich hohen gesellschaftlichen Wert. Nur durch diese können die Schulen soweit wie möglich offengehalten werden. Das Vertrauen in die Arbeit und die Profession der Lehrkräfte und des pädagogischen Personals muss deutlich nach außen transportiert werden.
Die Corona-Pandemie zeigt, dass die Schulen in NRW endlich zukunftsfähig aufgestellt werden müssen. Zentrale Forderungen des VBE sind aktueller denn je:
- Bessere Arbeitsbedingungen!
- Multiprofessionelle Teams!
- A13/EG13 für alle Lehrkräfte in allen Schulformen!
Es ist nicht die Zeit für einfache Lösungen. Die an vielen Schulen mangelhaften Rahmenbedingungen und der massive Personalmangel bedürfen einer ausdauernden gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung.
Bildung ist der entscheidende Faktor für unsere Gesellschaft, sowohl unter demokratischen als auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
Der VBE stellt sich der Umsetzung dieser Aufgabe.
Wir sprechen für die Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis.
Dortmund, im Dezember 2020,
der geschäftsführende Vorstand des VBE NRW
Stefan Behlau
Anne Deimel
Jutta Endrusch
Matthias Kürten
Bernhard Nolte
Wibke Poth